Der Weg ist das Ziel – dann kam KI
Wie KI unser Denken verändert
Mit ein paar Stichworten erhalte ich heute eine komplette Präsentation, einen Artikel eine Tabelle oder mehr. Schnell, bequem, oft erstaunlich gut. Und die Systeme werden immer besser: Bald sind die Ergebnisse nicht nur „wie von mir“, sondern besser, als ich es je könnte.
Doch was passiert dabei mit unserem Gehirn? Unser Denkorgan ist eine Effizienzmaschine. Es tut nur das, was nötig ist. Wird es nicht gefordert, verkümmert es – wie ein Muskel, den man nicht trainiert. Wird es herausgefordert, wächst es. Das ist keine bloße Vermutung, sondern wissenschaftlich belegt.
Was Studien zeigen
Eine aktuelle Studie des MIT (Juni 2025) hat diesen Effekt messbar gemacht: Teilnehmende sollten Essays schreiben – entweder allein, mit Google oder mit ChatGPT als Hilfsmittel. Das Ergebnis: Wer sich ausschließlich auf KI verließ, zeigte signifikant weniger Gehirnaktivität. Die Texte waren zwar inhaltlich solide, aber die Autor:innen konnten sich später kaum noch an das erinnern, was sie eingereicht hatten. Die Identifikation mit dem eigenen Werk war gering. Die Forschenden sprechen von „kognitiver Trägheit“ – das Gehirn denkt nicht mehr aktiv, sondern wählt nur noch aus.
„Künstliche Intelligenz ist eine Ergebnismaschine. Aber unser Gehirn entwickelt sich über Prozesse, nicht über fertige Lösungen.“
Die Arbeitswelt im Wandel
Auch unsere Arbeitswelt verändert sich rasant. KI übernimmt Routineaufgaben, erstellt Berichte, analysiert Daten und schlägt sogar Strategien vor. Das spart Zeit – aber es nimmt uns auch die Gelegenheit, durch Ausprobieren, Nachdenken und Fehler zu lernen. Früher war der Weg das Ziel: Wir wuchsen an Herausforderungen, entwickelten Wissen, Stolz und Erfahrung. Heute führt KI uns oft direkt zum Ziel – der Weg dazwischen bleibt auf der Strecke.
Chancen und Risiken
KI kann uns von monotonen Aufgaben befreien, neue Kreativität ermöglichen und komplexe Probleme schneller lösen. Doch ohne eigene Denkanstrengung drohen Wissenserosion, weniger Problemlösungskompetenz und der Verlust von Identität im Arbeitsprozess.
Was bleibt von uns?
Die eigentliche Frage ist nicht, wie gut KI wird. Sondern: Was bleibt von uns, wenn wir ihr alles überlassen? Wenn wir den Weg nicht mehr gehen, lernen wir nichts auf ihm. Wissen, Stolz, Erfahrung, Identität – all das entsteht nicht durch das bloße Ergebnis, sondern durch den Prozess dorthin.